▷ Unterlassene Hilfeleistung: Welche Strafe droht nach § 323c StGB? (2024)

Unterlassene Hilfeleistung– Hilfe vomFachanwalt für Strafrecht Gregor Samimi

Wer die Promimeldungen im Spätsommer 2018 auch nur peripher verfolgt hat, wird den tragischen Tod des Daniel Küblböck mitbekommen haben. Der Star sprang vom Deck eines Kreuzfahrtschiffes – vermutlich – in den Freitod. Sein Vater Günther Küblböckerhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Behörden, weil diese seinem Sohn nicht rechtzeitig geholfen hätten. Er spricht insbesondere von„unterlassener Hilfeleistung“.

Kann er damit recht haben? – Das Beispiel zeigt, wie sehr die Vorstellungen von landläufiger Bevölkerung (insbesondere der von verzweifelten Hinterbliebenen) und Juristen teilweise auseinander gehen. Dieser Artikel soll versuchen, dem Leser ein grobes Bild über die Voraussetzungen und die möglichen strafrechtlichen Folgen einer unterlassenen Hilfeleistung zu vermitteln.

Unterlassene Hilfeleistung im Strafgesetzbuch (StGB)

Die unterlassene Hilfeleistung ist in § 323c StGB geregelt: Es handelt sich dabei um eine Straftat, die ähnlich wie Körperverletzung oder Betrug mit Geld- oder Freiheitsstrafe bewährt ist. Weil es sich dabei um ein sogenanntes„echtes Unterlassungsdelikt“handelt, wird derjenige bestraft, der in bestimmten Situationennicht handelt. Mit dieser Vorschrift will der Gesetzgeber ein gewisses Maß an zwischenmenschlicher Solidarität im Land sicherstellen. Wer an einem Mitmenschen in Not vorübergeht obwohl er gefahrlos helfen könnte, handelt nach Auffassung der meisten Bürgermoralisch verwerflich. Dieses Empfinden wurde gewissermaßen in Gesetzesform gegossen, sodass das moralische Fehlverhalten auch strafrechtliche Konsequenzen hat.

Nachdem von Rettungskräften immer wieder berichtet wurde, dass sie von Unbeteiligten bei der Ausführung ihrer Tätigkeiten extrem gestört wurden, hat der Gesetzgeber im Jahr 2017 mit der Schaffung von§ 323c Abs. 2 StGBreagiert. Ein Thema, dass dabei häufig in den Medien stattfand, waren insbesondere versperrte Rettungsgassen. Bei Absatz 2 handelt es sich anders als bei Absatz 1 nicht um ein Unterlassungs- sondern einTätigkeitsdelikt. Hier wird das Ausführen einer bestimmten Handlung, genauer gesagt dasBehindern von einem Hilfeleistendenunter Strafe gestellt. Ziel ist dabei vor allem eine Verbesserung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften.

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▷ Unterlassene Hilfeleistung: Welche Strafe droht nach § 323c StGB? (1)

Rechtsanwalt Gregor Samimi
Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht & Versicherungsrecht

Was sind die Voraussetzungen einer strafbaren unterlassenen Hilfeleistung? (§ 323c Abs.1 StGB)

Im ersten Absatz des § 323c StGB heißt es wörtlich:

Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Notsituation

Zunächst braucht es also einmal ein Ereignis, das zur Hilfe verpflichtet. Das Gesetz differenziert hier zwischenUnglücksfall, gemeiner Gefahr und gemeiner Not. Die Begriffe sind nicht bedeutungsgleich, überschneiden sich aber häufig.

Allen gemeinsam ist das Erfordernis einererheblichen Gefahr für „Individualrechtsgüter“. Unter Individualrechtsgütern verstehen Juristen Werte wie dasLebenoder diekörperliche Gesundheitvon Personen – aber auchbedeutende Sachwertefallen hierunter. Auch wer sieht, dass „nur“ die Beschädigung einer Sache droht, kann also mitunter zur Hilfe verpflichtet sein!

Was, wenn der Betroffene selbst für seine Lage verantwortlich ist?

Auch wenn die Lage von der gefährdeten Person selbst verursacht wurde, kann dies eine Hilfspflicht begründen. Nur wenn derjenige sich selbstabsichtlichundfrei verantwortlichin Gefahr gebracht hat, wird einUnglücksfall verneint. Das gilt aber nur, wenn nicht auch unbeteiligteDritte gefährdetsind!

Das waren nun erstmal sehr abstrakte und daher schwer verständliche Ausführungen. Deshalb hier zur Veranschaulichung ein Paar mehr oder weniger alltagsüblicheBeispielefür Notsituationen:

  • Verkehrsunfälle: Verunglückt ein Kraftfahrzeug, sind die Insassen mitunter schwer verletzt. In dieser Verletzung liegt meist auch die Gefahr von weiteren Gesundheitsschäden oder sogar Lebensgefahr. Dies ist vor allem bei Verletzungen mit starkem Blutverlust oder bei Erstickungsgefahr der Fall.
  • Angriffe von Dritten: Der klassische Fall liegt etwa vor, wenn ein Angreifer auf einen wehrlosen einschlägt. Hierin liegt Gesundheits- oder sogar Lebensgefahr. Eine Hilfspflicht kann gegebenenfalls an derZumutbarkeit scheitern, eine Notsituation ist dieses Szenario aber allemal.
  • Notwehr: Mit vorgenanntem Fall in Zusammenhang steht die Verletzung eines Angreifers in Notwehr. Davon ausgehend, dass die Voraussetzungen der Notwehr vorliegen, ist die dadurch begangeneKörperverletzung nicht strafbar, weil siegerechtfertigtist. Was aber wenn nun die Gefahr ausgeschaltet ist, der Angreifer am Boden liegt und medizinische Hilfe benötigt? Dann – so jedenfalls die Rechtsprechung –liegt auch hierin eine Notsituation. Der zunächst Angegriffene kann also gegebenenfalls verpflichtet sein, seinemAngreifer zu helfen!
  • Seuchen, Überflutungen und andere Katastrophen: Der Gesetzgeber hat mit den Begriffen „gemeine Not“ und „gemeine Gefahr“ auch Gefahren von größerem Ausmaß gedacht. Auch bei großflächigen Unglücken sind die Betroffenen also womöglich untereinander zur Hilfe verpflichtet.
  • Selbstmordversuche: Einen Sonderfall stellenSuizidversuchedar: Hier wird ein Unglücksfall von der Rechtsprechungimmer bejaht, selbst wenn er involler Absicht und freiwilligdurchgeführt wird. Mitunter kann Hilfe dann aber für den Außenstehendenunzumutbarsein.

Erforderlich, möglich und zumutbar

Wer Zeuge einer oben beschriebenen Notsituation wird und keine Hilfe leistet, macht sich nicht automatisch strafbar: Denn das Hilfeleisten muss auch „erforderlich, möglich und zumutbar“ sein.

Erforderlichist die Hilfe nur dann, wenn durch sie auch wirklich ein Schaden abgewendet oder zumindest begrenzt werden kann. Hieran fehlt es beispielsweise, wenn schon Andere dabei sind, zu helfen und das eigene Einschreiten die Lage nicht verbessern würde. So etwa, wenn ein Verletzter bereits von mehreren Ersthelfern umfassend versorgt wird. Anders liegt der Fall etwa, wenn ein Ersthelfer bereits vor Ort ist, aber seinerseits Hilfe bei der Versorgung gebrauchen könnte.

Die Hilfe muss auchmöglichsein. Dabei kommt es auf dieindividuellen Kenntnisse und Fähigkeitendes Hilfeleistenden an. Einem Gehbehinderten etwa ist es mitunter unmöglich, einen Verletzten aus einer Gefahrenzone (z. Bsp. aus der Nähe eines brennenden Fahrzeugs) zu tragen.

Grundsätzlich sieht § 323c StGB fürÄrzte keine Sonderpflichtvor. Weil ein Arzt aber über besondere Kenntnisse bei medizinischen Notfällen verfügen, stehen ihm mitunter aber bessere Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung. Er ist dann auch verpflichtet diese – soweit zumutbar – einzusetzen. So wird der Arzt wohl regelmäßig auch dann zur Hilfe verpflichtet sein, wenn der Verletzte bereits Hilfe von einem medizinisch Unkundigen bekommt.

Die noch sehr weit gefasste Hilfspflicht wird durch das Erfordernis derZumutbarkeitweiter eingeschränkt. Die wichtigsten Fälle fehlender Zumutbarkeit sind dabei in § 323 c Abs. 1 StGB selbst geregelt: So muss Hilfe zum einen nur so weit geleistet werden, wie sich der Helfer dabei nicht inerhebliche eigene Gefahrbegibt.

Dies ist vor allem in Fällen „verpasster“Zivilcouragevon Bedeutung. Wenn ein Opfer von mehreren Tätern massiv angegriffen wird, ist ein Einschreiten eventuell möglich und sogar erfolgsversprechend. Allerdings wird sich häufig die Frage stellen, wie weit ein Umstehender in so einer Situation gehen kann, ohne sich selbst zu gefährden. In den Medien wurden zuletzt mehrere Fälle bekannt, in denen Helfer zu Opfern wurden.

Es dürfte hier jedenfalls zu wenig sein,gar nichts zu unternehmen. Auch wenn angesichts der Gefahr nur selten ein körperliches Eingreifen zumutbar sein dürfte, so können zumindest derNotruf gewählt oder andere Passanten auf den Vorfall aufmerksam gemacht werden.

So wurden in Brandenburg vier Taxifahrer zu Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie teilnahmslos zusahen, wie Skinheads einen dunkelhäutigen Studenten verprügelten, bespuckten und beleidigten (OLG Brandenburg, 09.11.2001, 2 Ss 71/00). Es lässt sich also festhalten: Zumindest das Alarmieren der Polizei ist bei Überfällen regelmäßig möglich und zumutbar.

Die Zumutbarkeit entfällt des Weiteren, wenn andere wichtige Pflichten der Hilfe entgegenstehen. Damit soll verhindert werden, Häufig besteht eine solche in einersogenannten „Garantenpflicht“, § 13 StGB. So sind Etwa Eltern dem Schutz ihrer Kinder gesondert verpflichtet. Man stelle sich also folgenden, tragischen Fall vor: M steht vor einem brennenden Haus, darin befinden sich ihre Tochter T und deren Freundin F. M kann nur eine von beiden retten und entscheidet sich für die Rettung ihrer Tochter. M hat sich gegenüber Fnichtgemäß § 323c I StGBstrafbar gemacht, weil sie ihrer Tochter gegenüberverstärkt verpflichtetist.

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Etwas komplizierter wird es, wenn nun zwei dem Grunde nach „gleichwertige“ Hilfspflichten vorliegen. Beispiel: A fährt an einer Unfallstelle vorbei. Dort befinden zwei Schwerverletzte in ihrem Fahrzeug.Keinem der Unfallbeteiligten ist A gesondert verpflichtet.

Wem soll er nun helfen? – Das richtet sich vor allem nach den jeweiligen Verletzungen und der daraus resultierenden Hilfsbedürftigkeit: Wenn der eine Verletzte starken Blutverlust aufweist, der andere aber nicht, so ist ersterem vorrangig zu helfen. Medizinischen Laien kann aber nicht ernsthaft zugemutet werden, die Dringlichkeit einer Erstversorgung richtig einzuordnen, sodass es hier regelmäßig jedenfalls am Vorsatz fehlen dürfte.

Nach diesen Ausführungen wird klar: Es bestehen mitunter erhebliche Unsicherheiten bei der Beurteilung der Zumutbarkeit. Die Rechtsprechung betrachtetjeden Einzelfall gesondertund nimmt eineumfassende Abwägung zwischen den Interessendes Hilfebedürftigen und des zur Hilfe fähigen vor. Grundsätzlich gilt: Je näher sich der Zeuge des Unglücks am Unglücksort befindet und je schwerer die drohenden Schäden sind, desto eher wird ein Hilfeleisten auch zumutbar und damit verpflichtend sein.

Überwiegend alsunzumutbareingestuft wird die Hilfe bei einem ernsthaften und frei verantwortlichenSuizidversuch. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Betreffende seine Absicht zur Selbsttötung gegenüber dem Helfenden ausdrücklich kundtut.

Dazu sollte man wissen, dass auch die sog.„Teilnahme an der Selbsttötung“ nicht strafbarist. Wer einen Suizidenten unterstützt (etwa durch Beschaffung von Schlaftabletten oder anderen Selbsttötungsmitteln) handelt eventuell moralisch fragwürdig, wird abernicht bestraft. Da wäre es widersprüchlich, wenn man nun den unbeteiligten Zuschauer wegen unterlassener Hilfeleistung bestrafen würde. Wir erinnern uns also an unser obiges Beispiel, den Fall Küblböck: Wegen unterlassener Hilfeleistung dürfte sichkeinerder beteiligten Behördenmitarbeiterstrafbar gemacht haben. Etwas anderes gilt eventuell hinsichtlich der Verletzung von Amtspflichten, die hier aber nicht Thema sein soll.

Rechtzeitigkeit

Ungeschriebenes Merkmal der unterlassenen Hilfeleistung ist auch die Rechtzeitigkeit der Hilfe. Dabei wird dem Zeugen eines Unglücks eine gewisse„Schrecksekunde“eingeräumt, während der er das Geschehen erst richtig einordnen muss. Diese variiert danach, wie überwältigend die Situation für den Zuschauer jeweils ist. Ist sie abgelaufen, mussunverzüglichmit der Hilfe begonnen werden!

Behindern von Helfern (§ 323c Abs. 2 StGB)

Neuerdings ist auch das Behindern von Helfern unter Strafe gestellt. Gerade wer Rettungskräften im Weg steht oder bedrängt, kann sich deswegen leicht eine Anzeige einhandeln. Wie oben angesprochen, soll die Vorschrift vor allem Rettungskräften ihre Arbeit erleichtern. Die Strafbarkeit ist aber nicht an einen Status des Helfers als Arzt, Polizist oder Feuerwehrmann geknüpft. Auch wer einen „gewöhnlichen“ Passanten daran hindert, die Mund-zu-Mund Beatmung durchzuführen, kann sich strafbar machen! Nicht erforderlich ist, dass durch das Behindern auch negative Folgen eintreten. Das reine Verhalten reicht hierbei schon aus. Als Behinderung kommen beispielsweise in Betracht:

  • Das Versperren von Rettungsgassen bei Stau auf der Autobahn
  • Nichtbeiseitetreten trotz Aufforderung durch Rettungskräfte
  • Das Abstellen von Fahrzeugen in einer Feuerwehrzufahrt
  • Das Beleidigen, Bedrohen oder tätliche Angreifen von Hilfeleistenden

Vorsatz

Die bisher angesprochenen Merkmale stellen äußere Umstände dar, auf die die Gedanken und Vorstellungen des Täters keinen Einfluss haben. Juristen nennen das den objektiven Tatbestand. Daneben muss aber auch dieinnere Tatseitegegeben sein. Im Fall von § 323 Abs. 1 und 2 heißt das: der Täter mussVorsatzbezüglich aller zuoberst angesprochener Tatbestandsmerkmale haben. Vorsatz bedeutet entgegen der landläufigen Meinung nicht etwa, dass man eine Tat absichtlich, geplant oder „gezielt“ verwirklichen muss. Es reicht vielmehr auchbilligendes in Kauf nehmender Tatumstände aus. Das heißt, der Täter muss die Verwirklichung des Delikts für möglich halten und sich damit abfinden.

Beispiel: A fährt nachts eine nicht beleuchtete Landstraße entlang. Dort sieht er neben der Straße ein paar Umrisse, die wie ein stark beschädigtes Auto aussehen. Er denkt sich: „Könnte ein Unfall sein oder auch nicht, ist mir aber egal!“ und fährt weiter ohne anzuhalten. A handelt hier vorsätzlich.

In Bezug auf Absatz 2 bedeutet dies, dass man eine Behinderung des Helfers zumindest für möglich hält und billigt. Dies ist bei jeder gezielten Störung der Fall. Aber auch dann, wenn lediglich eine mögliche Behinderung durch das eigene Verhalten erkannt und trotzdem fortgeführt wird, liegt eine vorsätzliche Begehungsweise vor.

Folgen von unterlassener Hilfeleistung

Sowohl Taten nach Abs. 1 als auch Abs. 2 werden mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. Der Strafrahmen ist im Verhältnis zu anderen Straftaten relativ klein. Ersttäter werden in der Regel mit einer Geldstrafe davonkommen, höchstens einschlägig vorbestrafte Angeklagte oder Bewährungsversager müssen ernsthaft mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Diese wird zudem wohl in den meisten Fällen zur Bewährung ausgesetzt.

Der nach § 323 c StGB Angeklagte sieht sich also wohl am ehesten mit einerGeldstrafekonfrontiert. Diese ist stetsabhängig vomEinkommendes Delinquenten. Der Richter wird zunächst dieSchwere der Tatbeurteilen. Dabei legt er eine gewisse AnzahlTagessätzefest, welche gem. § 40 StGB zwischen fünf und 360 betragen kann.

Dabei kann eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielen. So etwa die Tatfolgen – erleidet der Hilfsbedürftige infolge der unterbliebenen Hilfe bleibende Schäden oder sogar den Tod, so wird die Strafe naturgemäß besonders hart ausfallen. Stirbt ein Mensch in Folge der Untätigkeit, wird dies oft untechnisch unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge genannt.

Einen eigenen Tatbestand stellt dieUnterlassene Hilfeleistung mit Todesfolgeaber nicht dar,es handelt sich um einen reinen Strafzumessungsgesichtspunkt. Auch das Vorleben des Täters und sein Verhalten nach der Tat fließen in die Bewertung mit ein. So können sich eine schwere Kindheit oder der Versuch, die Tat im Nachhinein wieder gut zu machen, strafmildernd auswirken.

Das Gericht ermittelt dann das Jahres- oder Monatseinkommen des Angeklagten. Dieses wird dann auf einTageseinkommenheruntergerechnet, also durch 30 bzw. 365 geteilt. Dabei wird nicht nur das Arbeitseinkommen angesetzt, sondern auch sonstige Leistungen wie BaFöG, Arbeitslosengeld, oder Ehegattenunterhalt. Ist der Angeklagte unterhaltspflichtig, wird ein Abschlag vorgenommen. Das so ermittelte Tageseinkommen bestimmt die Höhe eines Tagessatzes. Ziel ist es also, pro Satz je einmal das tägliche Einkommen des Angeklagten abzuschöpfen.

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Eintrag in das Verkehrsregister

Wird die unterlassene Hilfeleistung im Verkehr begangen, werden zudem 3 Punkte in Flensburg eingetragen. Dies ist in der Regel mit Fahrverboten oder sogar dem Entzug der Fahrerlaubnis verbunden.

Verjährung von unterlassener Hilfeleistung

Wie alle Straftaten (außer Mord) unterliegen auch jene nach § 323 c StGB der Verjährung. Ist eine Tat verjährt, kann der Täter wegen ihr nicht mehr bestraft werden. Eine eventuell noch aufgegebene Anzeige bleibt dann folgenlos. Die Verjährung richtet sich nach § 78 StGB und hat die dort vorgesehene Mindestdauer vondrei Jahren.

Verhältnis zu anderen Straftaten

Ergänzend sollte noch bemerkt werden, dass es sich bei Straftaten nach § 323c umAuffangtatbeständehandelt: Das bedeutet, dass dort wo dies möglich ist, primär nach anderen Vorschriften bestraft wird, die einen höheren Strafrahmen bieten. Dabei kommen insbesondere die sogenannten „unechten Unterlassungsdelikte“ in Betracht, etwa Körperverletzung durch Unterlassen gem. §§ 223 I, 13 StGB. Der Unterschied zu § 323 c ist hier aber, dass nicht prinzipiell jedermann als Täter in Frage kommt. Vielmehr muss den Täter einer der bereits oben erwähnten Garantenpflichten treffen. Diese kann sich aus einem Besonderen Obhutsverhältnis (Eltern/ Vormünder gegenüber ihren Kindern bzw. Mündeln) oder öffentlich- rechtlichen Pflichten (etwa denen eines Feuerwehrmannes oder Polizisten) ergeben.

Vielleicht der wichtigste Unterfall ist die Garantenpflicht aus„Ingerenz“, also vorwerfbarem Vorverhalten. Wer die Gefahr, durch die jemand zu Schaden oder ums Leben kommt, selbst verursacht hat und dennoch nicht hilft, wird höchstwahrscheinlich nicht „nur“ nach § 323 c Abs. 1 StGB bestraft. Vielmehr droht dann auch eine Strafe von Körperverletzung oder sogar Totschlag durch Unterlassung. Letzteres wäre dann mit Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren zu bestrafen.

Immer einen Fachanwalt für Strafrecht hinzuziehen!

Für eine bestmögliche Vertretung sollten Sie einenSpezialisten, nämlich einen Fachanwalt für Strafrecht mit der anwaltlichen Vertretung beauftragen. Dieser wird Ihnen beratend zur Seite stehen und kann auf eine frühzeitige Erledigung Ihres Anliegens hinwirken. RechtsanwaltGregor SamimiistFachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Strafrechtin 12203 Berlin (Steglitz-Zehlendorf).Telefon030 8860303.✩Kontaktieren Sie uns! Wir helfen Ihnen gerne weiter!

▷ Unterlassene Hilfeleistung: Welche Strafe droht nach § 323c StGB? (2024)

FAQs

▷ Unterlassene Hilfeleistung: Welche Strafe droht nach § 323c StGB? ›

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Wie hoch ist die Strafe bei unterlassener Hilfeleistung? ›

Denn wer einer anderen Person in einer Notsituation nicht hilft, begeht unter Umständen unterlassene Hilfeleistung. In der Folge droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

Wann muss man nach 323 C StGB unterlassene Hilfeleistung Hilfe leisten? ›

Unterlassene Hilfeleistung begehen Sie, wenn Sie bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leisten, obwohl dies erforderlich und Ihnen den Umständen nach zuzumuten war, insbesondere ohne erhebliche eigne Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten Ihnen möglich ist.

Was bekommt man für unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge? ›

Als Strafe sieht das Gesetz Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Den Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung mit Todesfolge gibt es nicht; denkbar ist aber eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen oder fahrlässige Tötung durch Unterlassen.

Kann man wegen einer unterlassenen Hilfeleistung eventuell auch strafrechtlich belangt werden? ›

Aber er kann wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB belangt werden. Hier handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt, während bei den vorsätzlich nicht handelnden Eltern ein unechtes Unterlassungsdelikt vorliegt. Der Fall kann sogar noch weiter ausgeführt werden.

Was kriegt man für unterlassene Hilfeleistung? ›

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Kann man jemanden wegen unterlassener Hilfeleistung anzeigen? ›

Unterlassene Hilfeleistung anzeigen

Kommt ein Fall vor Gericht, entscheidet dieses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, was an Hilfe möglich gewesen wäre und was nicht. Hinweis: Den Straftatbestand der „unterlassenen Hilfeleistung mit Todesfolge“ gibt es nicht.

Wann prüft man 323c? ›

Der Täter muss keine Garantenstellung nach § 13 StGB innehaben. Klausurtipp: Prüfe § 323c StGB immer dann, wenn ein unechtes Unterlassungsdelikt mangels Garantenstellung verneint werden muss!

Wann ist man für Unterlassen strafbar? ›

§ 13 Abs. 1 StGB macht sich eine Person wegen Unterlassens nur dann strafbar, wenn sie rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt.

Was sind erhebliche Sachwerte? ›

Erhebliche Sachwerte beginnen im einstelligen Millionen-Euro-Bereich, können aber im Einzellfall, zum Beispiel bei einem Kulturdenkmal, darunter liegen.

Wie lange kann man unterlassene Hilfeleistung anzeigen? ›

Gemäß StGB unterliegt die unterlassene Hilfeleistung ebenfalls einer Verjährung. Die Frist zur Verfolgungsverjährung beträgt in dem Fall drei Jahre, was sich aus § 78 Absatz 3 Nummer 5 StGB ergibt.

Ist unterlassene Hilfeleistung Gewalt? ›

Die unterlassene Hilfeleistung ist ein Unterlassungsdelikt und damit eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch. Wer einer Person in Not nicht hilft, obwohl Hilfe erforderlich, möglich und zumutbar ist, macht sich entsprechend strafbar.

Ist unterlassene Hilfeleistung ein offizialdelikt? ›

Bei der unterlassenen Hilfeleistung handelt es sich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird.

Wann ist unterlassene Hilfeleistung nicht strafbar? ›

Wer nach besten Kräften Hilfe leistet, die sich aber im Nachhinein als unzureichend herausstellt, macht sich nicht strafbar. Wer helfen möchte, aber von Dritten oder der gefährdeten Person selbst daran gehindert wird, macht sich nicht strafbar.

Wann ist Erste Hilfe nicht zumutbar? ›

Nicht zumutbar ist die Hilfeleistung, wenn sich der Helfer in deren Rahmen einer erheblichen eigenen Gefahr aussetzt. Unter dem Begriff der eigenen Gefahr versteht man die Bedrohung eines Rechtsgutes, z. B. Leben, körperliche Unversehrtheit.

Ist es strafbar jemanden auszusetzen? ›

Strafgesetzbuch (StGB) § 221 Aussetzung

in einer hilflosen Lage im Stich läßt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist, und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Ist es strafbar jemanden nicht zu helfen? ›

Auch hier gilt: Wer nach bestem Wissen und Gewissen hilft, macht sich nicht strafbar. Im Gegenteil: Wer nicht hilft, kann wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323 c Strafgesetzbuch verurteilt werden.

Was passiert wenn man keine Erste Hilfe leistet? ›

Wer bei Unglücksfällen [...] nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten [...] ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Die unterlassene Hilfeleistung zählt dabei zu den echten Unterlassungsdelikten, da sie konkret unter Strafe gestellt ist.

Ist falsche Erste Hilfe strafbar? ›

Wenn wirklich bei der Ersten Hilfe ein Fehler unterlaufen sollte, so ist dies nicht strafbar, weil nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt wurde. Nicht zu helfen hingegen ist strafbar. Unterlassene Hilfeleistung kann mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet werden.

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Author: Rueben Jacobs

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Name: Rueben Jacobs

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